Historisches
Mit Max Schmeling (1905 – 2005) lebte einer der populärsten Sportler Deutschlands in der Samtgemeinde Hollenstedt. Als Schwergewichtsboxweltmeister der Jahre 1930 – 32 kannte ihn die halbe Welt. Auch später, als Max Schmeling im Jahre 1936 sensationell gegen den farbigen amerikanischen Boxschwergewichtler Joe Louis, der bis dahin als unbesiegbar galt, in der 12. Runde durch k.o. einen Weltmeisterschaftsausscheidungskampf gewann, war die Begeisterung für diesen Ausnahmesportler in ganz Deutschland und auch in vielen Teilen anderer Nationen nicht mehr zu stoppen. Nicht der Weltmeistertitel von 1930, sondern sein Sieg gegen Louis machte Max Schmeling so außerordentlich berühmt.
Im Jahr 1971 wurde Schmeling das große Bundesverdienstkreuz verliehen. 1991 erhielt er als bisher einziger Boxer einen Platz in der „International Boxing Hall of Fame“. 1999 wurde Schmeling zum „Deutschen Sportler des 20. Jahrhunderts“ gekürt. Aus Anlass seines 99. Geburtstages gab die Österreichische Post eine Briefmarke mit seinem Portrait heraus. Die Deutsche Post folgte diesem Beispiel mit der Herausgabe einer Briefmarke anlässlich des 100. Geburtstages von Max Schmeling, den dieser jedoch nicht mehr erleben durfte.
Die deutsche Presse verlieh ihm den Titel des „Sportlers auf Lebenszeit“. Die Bundesrepublik Deutschland zeichnete ihn mit dem Bundesverdienstkreuz mit Stern aus. Weiter erhielt er zwei „Goldene Bambis“, die „Goldene Kamera“, den „Sport-Oskar“, den Goldenen Hermann-Löns-Ring, und das Goldene Feuerwehrabzeichen. Der Eintrag in die amerikanische Ehrenhalle in Conastota sowie viele andere große Auszeichnungen folgten. Schmeling war Ehrenbürger von Los Angeles, Milwauki, Las Vegas, Benneckenstein (Harz), sowie seiner Geburtsgemeinde Klein Lukow.
Bei all den Ehrungen blieb Max Schmeling stets bescheiden und eher zurückhaltend. Wenn Journalisten oder Buchautoren über ihn schreiben wollten, meinte er, dass doch schon alles über ihn berichtet worden sei, und er im Grunde nichts Neues mehr hinzufügen könne. Gleichwohl fand sich stets etwas, was die Menschen interessierte oder begeisterte. So entstanden mehr als zwanzig Bücher über das Sportidol Schmeling.
Max Schmeling wurde am 28. September 1905 als Mittleres von drei Kindern in Klein Luckow (Uckermark) geboren. Seine Familie zog 1906 nach Hamburg, wo der junge Max 1914 eine kaufmännische Lehre begann. Ein Boxfilm weckte sein Interesse für den Sport, mit dem er später Weltruhm erlangen sollte.
Am 6. Juli 1933 heiratete Max Schmeling seine große Liebe, die tschechischen Filmschauspielerin und Stummfilmdiva Anny Ondra (1902-1987). Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges war er Gutsbesitzer in Ponickel (Hinterpommern). Nach Kriegsende ließen sich Max Schmeling und Anny Ondra in der Gemeinde Wenzendorf (Samtgemeinde Hollenstedt) nieder. Das zurückgezogene lebende Paar widmete sich dort unter anderem der Nerz- und der Hühnerzucht, sowie dem Tabakanbau. Später wurde Max Schmeling Hersteller von Eierlikör und Sekt. Von 1957 bis 2005 war er der bekannteste Coca Cola- und Fanta-Hersteller in Europa, der bis zu über 300 Mitarbeiter beschäftigte.
Was den meisten Menschen allerdings nicht bekannt war, war Schmelings Liebe zur Natur. Sie bezeichnete er als „das größte Wunder der Welt“. Die waidgerechte Jagdausübung war seine Passion. Wenngleich er in vielen Teilen der Welt gejagt hat, und dabei auch Wild erlegte, verlor er niemals das Verantwortungsgefühl für die Tierwelt. Das Wild stundenlang vom Hochsitz aus zu beobachten war ihm oft wichtiger als der Schuss auf einen Rehbock oder ein Wildschwein. Selten nahm er erlegtes Wild mit nach Hause. Meist verschenkte er es.
Große Freude hatte Max Schmeling daran, seine Jagdfreunde zum Skatspiel zu animieren. Der besondere Reiz an dieser Männerrunde lag für ihn weniger darin Gewinn zu erzielen. Vielmehr war es ihm eine Freude, jemanden mit Geschick und auch ein wenig Glück zu besiegen. Dabei war es ihm immer recht, möglichst lange Zeit am Skattisch zu verbringen. Und wenn einer aus der Viererrunde mal auf die fortgeschrittene Zeit verwies, meinte er: „Eine Runde können wir aber doch noch spielen – oder vielleicht doch noch zwei?“ Meistens traf sich die Skatrunde in seiner Traditionsgastwirtschaft in Stemmen (Landkreis Rotenburg/Wümme), wo Max Schmeling über 40 Jahre sein Jagdrevier hatte.
Dass die Mitspieler am Tisch bei den Getränken und dem kleinen Imbiss seine Gäste waren, war für Max Schmeling eine Selbstverständlichkeit. So durfte auch niemand auf die Idee kommen, bei einem guten Spiel aus Freude über den Gewinn „mal einen auszugeben“. Von alkoholischen Getränken hatte der Sportsmann immer Abstand genommen. Lediglich bei offiziellen Anlässen nahm er ein Glas Sekt oder Wein, aber nur, um damit symbolisch anzustoßen. Die gleiche Abstinenz legte er auch in Bezug auf das Rauchen an den Tag.
Seine Konzentration beim Spiel wurde manchmal dadurch deutlich, dass er bei zu lauter Spielanalyse durch die Mitspieler launisch darauf hinwies „Reden und Singen können wir nach dem Spiel, jetzt wird aber gespielt.“
Die Bescheidenheit zeichnete Max Schmeling ebenso aus wie seine Großzügigkeit. Sein gesamtes Vermögen übertrug er seiner 1991 gegründeten gleichnamigen Stiftung. Seiner Heimatgemeinde Hollenstedt schenkte er weitere zwei Mio. DM in Form einer zweiten Stiftung. Seine Wohnsitzgemeinde Wenzendorf erhielt von ihm sein über 87.000 qm großes Wohngrunstück zur freien Verfügung. Auf diesem Areal wurden mittlerweile zwölf Wohnhäuser errichtet. Sein eigenes Wohnhaus wurde verkauft und befindet sich heute in Privatbesitz.
Max Schmeling unterstützte bedürftige Menschen in der Samtgemeinde Hollenstedt. Die örtlichen Vereine erhielten über Jahre finanzielle Zuwendungen von ihm. Ein bis heute sichtbares Zeichen seines finanziellen Engagements ist die 70 Meter lange Großwasserrutsche im Freibad. Schmeling bezuschusste wesentlich den Bau der Hollenstedter Sporthalle die seinen Namen trägt. Im Rahmen der „Max Akademie Hollenstedt“, einem Projekt der Max-Schmeling-Stiftung, wurde 2010 in Kooperation mit dem Förderverein Jugendtreff der Mittagstisch an der Estetalschule ins Leben gerufen.
Am 2. Februar 2005 verstarb Max Schmeling im Alter von 99 Jahren an den Folgen einer schweren Erkältung in seinem Wenzendorfer Wohnhaus. Neben seiner Ehefrau Anny Ondra fand Max Schmeling seine letzte Ruhestätte auf dem Hollenstedter Friedhof.
Ihrem berühmten Bürger setzten die Hollenstedter mit der Max-Schmeling-Büste des Bildhauers Carsten Eggers vor den Max-Schmeling-Hallen ein Denkmal. Die Gemeinde Hollenstedt ehrte Max Schmeling mit einer nach ihm benannten Straße. In seiner Heimatgemeinde Wenzendorf erinnern der Max-Schmeling-Weg und der Anny–Ondra-Bogen an das berühmte Ehepaar.
(Quelle: Herbert Woltmann, Samtgemeindedirektor von 1972 – 1993)
Text von Manfred Schmidt, Hollenstedt
Schon Tiberius, Stiefsohn des Kaisers Augustus und sein Nachfolger, zog als römischer Feldherr im Jahre 5 n. Chr. mit seinen Legionen durch unser Gebiet, und zwar von der Visurgis (Weser) an die Albis (Elbe). Die Römer wollten ihre Rheingrenze an die Elbe verschieben. Diese geplante Ausdehnung des römischen Reiches wurde ja bekanntlich von dem Cherusker-Fürsten Arminius (Hermann) im Jahre 9 n. Chr. im Teutoburger Wald, nördlich von ihm bei Kalkriese (Bramsche) nahe Osnabrück, vereitelt.
Tiberius zog von Ferdi oder Fardium (Verden) an der Aller kommend den Weserzufluss Obere Wümme aufwärts bis zur Wasserscheide auf der Heide und dann flussabwärts den Elbezufluß Este bis zu den Furten der Elbe westlich von „Hammadorf" (Hamburg). Er traf sich dort mit seiner Flotte, die von der Nordsee kommend Elbe aufwärts fuhr. Flüsse waren damals, sowie zur Zeiten des Kaisers Karl, Wegweiser im fremden Land. Sie hatten stets Quelle und Mündung und eine Richtung. Sie lieferten Trinkwasser und konnten für die Logistik mit Schiffen befahren werden.
Langobardia nannten die Römer dieses für sie fremde Land an der Elbe. Germania Magna behielt durch den Sieg Hermanns seine Freiheit und Vielfalt, musste aber auf Einheit, römisches Recht und Kultur (Leitkultur des Abendlandes) noch lange weiter verzichten oder entbehren. Für die Germanen siegte Hermann, die Römer aber musste Arminius verraten, denn er hatte das römische Bürgerrecht und Varus selbst den verhängnisvollen Weg durch die germanischen Wälder vorgeschlagen.
Erst Karl der Große (748 bis 814) integrierte unseren heutigen Lebensraum und unsere Heimat zwischen Elbe, Weser und Aller nach Europa. Er war der König des germanischen Volkes der Franken (Freien), deren frühe Stammlande zwischen Nordsee, Weser und Mittel-/Niederrhein lagen.
Die Franken zogen um 258 n. Chr. nach Westen und das Brudervolk der Sachsen rückte nach. Die Langobarden verließen die Elbregion um 440 n. Chr.. Auch hier rückten die Sachsen nach und vertrieben um 531 mit Hilfe der Franken die Thüringer bzw. integrierten sie in jetzt ihr Land.
Ausgelöst durch Grenzscharmützel am Rhein zwischen Sachsen und Franken und Übernahme einer Schutzfunktion für die angelsächsische Christenmission in Sachsen und Friesland durch die Franken, sahen sich diese veranlasst, Sachsen militärisch zu befrieden und die Missionare (Willehad, Liudger und Willerich) zu schützen. Karl hatte den sächsischen Adel meist aus Einsicht auf seiner Seite, nur die Frilinge und einige Edelinge (Widukind) widersetzten sich.
Den Ostfalen bot Karl Schutz vor den Slawen. Die Sachsenkriege zogen sich von 772 bis 804 n. Chr. dahin. Durch diese Kriege (Aufstände) fiel ein Schatten auf Karl und seinen Charakter. Sein guter Wille und seine großen Taten wurden aber oft grob verzeichnet oder ideologisch instrumentalisiert.
Trotz alledem wurde er zu Karl dem Großen und ist auch heute wieder Integrator und Vater des Abendlandes für unseren Kontinent Europa.
Er nannte sich König der Franken und Langobarden und ab 800 n. Chr. Imperator und Augustus der Römer und war der von Gottes Gnaden gekrönte Frieden bringende Kaiser, Förderer des Glaubens, der Christen, der Kultur und Wissenschaften, Begründer von Schulen und Vorläufern von Universitäten, heilig gesprochener Stammvater der deutschen und französischen Könige, Verteidiger des Abendlandes (West- und Mitteleuropa) gegen Normannen, Awaren, Sarazenen, Mauren und einigen Stämmen der Slawen. Er ist auch Namensgeber des Europa-Karlspreises von Aachen.
Von Karl dem Großen nun zu Hollenstedt mit der ersten von drei Fragen, die da lautet: Was wollte Karl der Große im Jahre 804 n. Chr. in Hollenstedt im Gau Mosidi an der Unterelbe? Wie der Römer Tiberius wollte auch Karl seine Grenzen im fränkischen Sachsen sichern und sie durch eine „nasse Grenze" fest verankern. Er wollte die Absichten des dänischen König Göttrik kennen lernen, und mit ihm in Hollenstedt verhandeln. Es ging um Nordalbingien (nördlich der Elbe). Hier lebten im Westen der Linie Kiel - Lauenburg sächsische Nordleute mehr oder weniger im Aufstand gegen Karl, und im Osten die heidnischen, slawischen Abodriten mit den Hauptorten Reric und Dorf Mecklenburg. Göttrik kam aber wegen schlechter Absichten im Hinterkopf oder aus eigener Angst nicht selbst nach Hollenstedt, sondern schickte nur eine Gesandtschaft um mit Karl zu verhandeln und auch seine Vorhaben zu erkunden. König Göttrik versuchte tatsächlich später Nordalbingien, Friesland und Sachsen bis an den Rhein zu erobern. Nach Einhard (Chronist Karls) war Göttrik dem Größenwahn verfallen, denn er erklärte Friesland und Sachsen zu seinen Provinzen und wollte selbst nach Aachen ziehen. Ferner zerstörte er das slawische Reric. Er starb durch Attentat seiner eigenen Leute um 810 n. Chr. Sein Nachfolger Hemming schloss Frieden.
Karl sagte sich: Die Feinde deiner Feinde müssen deine Freunde werden. Aus dieser Erkenntnis verband er sich mit den slawischen Abodriten, um die sächsischen Transalbingier, die dänischen Wikinger und auch einige Slawenstämme in Schach zu halten. Er wollte seine „nasse Grenze", die Elbe, sichern. Die heidnischen Abodriten kamen mit einer großen Gesandtschaft nach Hollenstedt. Sie kamen mit Gastgeschenken aus Keramik von Reric. Als ihr Schutzherr und Verbündeter gegen die Wilzen sollte Karl die slawischen Führungsstreitigkeiten schlichten.
Er setzte deshalb Drasko als Herzog der Abodriten und König der nördlichen Westslawen ein. Pax und Concordia im Dienste der Völkerverständigung sollten von Hollenstedt ausgehen. Dieses geschah nach den „Annales regni Francorum" (Nationalbibliothek Paris) im Jahre des Herrn 804 in Holdunsteti nahe der Elbe.
Kommen wir nun zur zweiten Frage, die da lautet: Auf welchem Wege kam Karl von Aachen nach Hollenstedt? Er nahm etwa denselben Weg am Ende wie Tiberius von seinem Standlager an der Lippe im Jahre 5 n. Chr.. Aus Heerstraßen wurden Handelsstraßen und diese von Köln am Rhein, durchs Lippetal und Werretal an die Weser, durchs Wümme- und Estetal zur Elbe, führte weiter an Stör und Eider vorbei nach dem dänischen Haithabu (Sliesthorp) . In Verden und Scheeßel zweigte eine Straße ab über Bardowick und Artlenburg nach Reric ins Slawenland.
Karl war im Jahr 804 n. Chr. 56 oder 62? Jahre alt und hatte als Kaiser Anspruch auf einigermaßen Komfort und Bequemlichkeit. Er reiste von Pfalz zu Pfalz, oder von Metropolvilla zu Königshof oder wie in Hollenstedt von Lagerburg zu Lagerburg (Standlager). Er nahm seine Familie, seine Hofleute, seine Bischöfe und Äbte, seine Heerführer und Grafen sowie einen großen Tross stets mit auf Reisen.
Selbst Flussschiffe wurden über Land auf Wagen mitgeführt. Wie bei den Römern wurden provisorische Marsch- und Standlager mit Wällen und Palisaden befestigt.
Im Frühling des Jahres 804 fasste Karl in der Pfalz Nimwegen den Plan zu einem Zug ins Sächsische. Karl war in Begleitung seiner Familie. König Ludwig von Aquitanien (vierter Sohn) und sein zweiter Sohn, König Karl der J. von Francia, waren in Sachsen
dabei. In Lippspringe fand eine allgemeine Heerschau statt. Das Heer wird als ein „stattliches" bezeichnet. In Eilmärschen wurde Westfalen und Engern durchquert und in Hollenstedt bei Harburg nahe der Elbe ein Standlager bezogen. Die Reiseroute verlief vermutlich so: Kaiserpfalz Aachen, Köln, Rhein, Ruhr, Lippe, Paderborn, Lippspringe, Detmold, Werre, Herford, Rheme, Weser, Minden, Petershagen, Verden, Wümme, Scheeßel, Sittensen, Este. Von Kampfhandlungen ist bei diesem Heerzug nicht die Rede. Das fränkischsächsische Heer war diesmal besonders groß und sollte die Aufständischen ohne Kampf stark beeindrucken und setzte auf Überläufer. Dieses taten die aufständischen Sachsen auch und schworen, auch in Hollenstedt, erneut oder erstmals den neuen Kaisereid. Von hier zogen während des Sommeraufenthalts Abteilungen nach Wigmodien und Nordalbingien und veranlassten die beschriebenen Umsiedlungen der treulosen und eidbrüchigen aufständischen Sachsen nach Franken.
An deren Stelle setzte man in dem Großgau Wigmodien Franken und in Nordalbingien Abodriten ein. Damit war die sogenannte Eingliederung der Sachsen in das fränkische Staatsgefüge beendet. Aus den letzten Sachsen wurden Christen, und sie wurden eins mit den Franken.
Sachsen wurde zum genauen Verständnis wie folgt eingegliedert. Auf der Reichsversammlung in Lippspringe teilte Karl im Jahre 782 n. Chr. das Land Sachsen mit den Unterteilungen Westfalen, Engern und Ostfalen in Grafschaften ein. Im Elbe-Weser-Dreieck wohnten die Nordleute (Großgau Wigmodien). Sachsen wurde fränkische Provinz. Die sächsische Gaueinteilung wird unter häufigen Veränderungen übernommen. An der Spitze stehen Grafen, die fast ausnahmslos zum sächsischen Adel gehören. Sie müssen Karl, wie alle anderen Sachsen, den Treueid leisten und das Christentum annehmen. Die Grafschaftseinteilung aus fränkischer Zeit ist nur fragmentarisch überliefert. Die Namen änderten sich auch. Der Gau Mosidi (Sumpfland), mit dem Hauptort Hollenstedt an der Este, lag zwischen den Flüssen Lühe und Seeve. Er grenzte im Osten an den Bardengau mit Bardowick, im Süden an den Sturmigau mit Verden und im Westen an den Rosogabigau mit Harsefeld. Kaiser Karl wurde 804 in Hollenstedt von einem Grafen begrüßt und fand eine örtliche Verwaltung (Schultheiss, langobardisch, oder Vilicus) und kirchliche Mission (Diakon) vor.
Auf der Reichsversammlung in Paderborn teilte Kaiser Karl im Jahre 777 das Gebiet der Sachsen in Missionssprengel ein. Die Sachsen ließen sich dort taufen und versprachen durch Eid am Christentum festzuhalten und erkannten ihre Treue und Ergebenheit gegenüber Karl an. Mosidi mit Hollenstedt lag im Missionssprengel Verden-Bardowick, der zur Kirchenprovinz und Erzbistum Mainz gehörte. Mönche aus Amorbach (Odenwald) und Neustadt am Main brachten das Christentum mit örtlicher Hilfe von Verden und Bardowick an die Este und gründeten den Ur-Pfarrsprengel (später Archidiakonat) Hollenstedt.
Karl fand bei seinem Zug im Jahre 804 nach Hollenstedt bereits kirchliches Leben vor. Vielleicht nahm der Nachfolger von Missionsbischof Willehad (gest. 789) Willerich an dem Treffen teil. Er ist der Erbauer einer Taufkapelle in Meldorf (Dithmarschen). Bremen mit Wigmodien sowie die Grafschaften im Elbe-Weser-Dreieck waren dem Erzbischof Hildebold von Köln kirchlich unterstellt, der gleichzeitig auch Erzkaplan am Hofe Karls war. Vermutlich war auch er ein Begleiter des Kaisers. Wie auch in späterer Zeit gehörte unser Missionssprengel schon damals zum Erzbistum Mainz und war dem Erzbischof Richulf (gest. 813) unterstellt. Eine Begleitung Karls durch ihn wäre vorstellbar.
Verden war damals noch kein Bistum sondern hatte eine Missionszelle.
Bardowick war ein Missionsstützpunkt und Karl wollte es zum Bischofssitz machen. Aus Sicherheitsgründen wählte sein Sohn Ludwig der Fromme dann aber 815 Verden zum Sitz des Bischofs aus. Durch ihn wurde 831 Hamburg zum Erzbistum für den Norden und nahm auch Kölner Gebiete dazu. Die Zerstörung der Hammaburg 845 durch die Wikinger bedingte eine Verlegung des Erzbischofssitzes einige Jahre später nach Bremen.
Die letzte der drei Fragen lautet: Wo genau war das Sommerlager und Hauptquartier von Kaiser Karl? Nach den fränkischen Reichsannalen (Jahrbücher) zog Karl von Aachen kommend zur Heerschau nach Lippspringe und im Sommer (Juni) 804 weiter bis zu einem Ort in der Nähe der Elbe, der Holdunsteti genannt wurde. Hier lagerte (residierte) er und ließ eine Gesandtschaft an den in Haithabu (Schleswig) weilenden dänischen König Göttrik abgehen. Mitte September löste Karl sein großes
Heer auf und zog zurück nach Köln.
Ein „stattliches" Heer war bei den Karolingern schon bei 4500 Mann erreicht. Sie wurden aufgeboten, um auf die Sachsen Druck auszuüben und die Aufstände friedlich zu beenden. Alle hatten in einem Standlager keinen Platz, so dass sie halbrund um Hollenstedt westlich lagerten. Die Hofleute und der Kaiser mit Teilen seiner Familie residierten in einer befestigten Lagerburg. Dieses Standlager ist wahrscheinlich mit dem heutigen Ringwall im oberen Estetal südlich von Hollenstedt identisch.
Außer der Leibgarde (Scara) verteilten sich weitere Truppen seines Heeres in der Vorburg auf den Sandzungen, auf den Flusstalhängen (Glockenberg) und dem Geestrücken (Hofstedter Berg) westlich der Este. Vielleicht hat es noch weitere befestigte Stand- und Marschlager gegeben.
Warum sollte es so nicht gewesen sein. Die Ausgrabungsergebnisse und dessen Interpretation durch den Archäologen Dr. Claus Ahrens dürfen nicht weiter bezweifelt werden. Sie geben den Hollenstedtern einen historischen Platz, der 804 n. Chr. im Abendland zeitweise das Zentrum des politischen Geschehens war.
Die gefundenen slawischen Keramiken in der ausgegrabenen Wallanlage könnten Handelswaren oder Gastgeschenke der Abodriten sein. Die kurze Zeit nach dem Treffen nachgewiesene Brandschatzung könnte dänischen Wikingern angelastet werden. Sie belagerten 817 die Störfestung Esesfeld (Itzehoe) und zerstörten bekanntlich 845 die Hammaburg.
Die Anwesenheit des Kaisers Karl in Hollenstedt ist eindeutig und braucht keiner neuzeitlichen Berichtigungen mehr. Sicher hatte bei diesem Treffen auch die „Alte Burg" ihre Aufgabe. Mit Gewissheit und Stolz sollten alle Hollenstedter ihr historisches Erbe annehmen. We all must be patriots!
Vieles spricht dafür, dass die "Alte Burg" im Sommer 804 das Hauptquartier des Kaisers war.
Auch wenn Kaiser Karl nun mal der Große wurde, der Sieger und Apostolus Saxonum und die Sachsen als auch unsere Vorfahren in sein karolingisches Reich (Imperium Christianum) integrierte und damit auch der Vater Deutschlands wurde, so gehören die Sympathien in früheren und heutigen Zeiten besonders dem westfälischen Fürsten Herzog Widukind.
Trotz mehrfacher Niederlagen, aber auch einigen Siegen, im Ringen um Sachsen, wurde Widukind doch unser Freiheitsheld und sächsischer Patriot, unvergessen bei seinem Volk und dessen Nachfahren bis auf den heutigen Tag. Der Klügere gab nach und ließ sich 785 in Attigny bei Reims in Frankreich taufen.
Seine Nachfahren nahmen später Spitzenpositionen im fränkischen Königsdienst ein, wurden Kleriker (Bischöfe in Verden und Hildesheim), durch Heirat der heiligen Mathilde mit Heinrich I. Könige und Kaiser (Otto I., Otto II., Otto III. und Heinrich II.) aus sächsischem Haus. Sachsen gab es später wieder und weiter in Deutschland und auch das Land Niedersachsen gibt es heute schon 60 Jahre. Seine Menschen bleiben sturmfest und erdverwachsen.
Man darf aber nie vergessen, dass Deutschland nicht auf Widukind, sondern in seiner Entstehung durch die Taten Karls des Großen möglich wurde bzw. zurückgeht und Europa braucht auch weiterhin als „Wegweiser" seinen EURO-KARL.
Manfred Schmidt-Hollenstedt am 6.1.2002
Aus dem lateinischen übersetzt können Sie unter folgendem Link die Geburtsurkunde von Hollenstedt einsehen:
sgh/kf